Hochflieger in der Schweiz

Quelle : «Die Taubenwelt» 15. 2. 1960. Von Febo de Vriese Basel

Alle Erzieher sind sich darüber einig, dass zu den höchsten Bildungswerten, die es für ein menschliches Gemüt gibt, die Liebe zur Natur, zur Heimat, zu Tier und Pflanzenwelt unserer Umgebung gehört und das die natürliche Entfaltung für die seelische Gesundheit der heranwachsenden Geschlechter von ausschlaggebender Bedeutung ist. Zu diesen bildenden Werten gehört auch die Taubenzucht im allgemeinen und im Besonderen der mit der Natur so eng vrebundene Hochflugtaubensport.

Ihr Reich im blauen Äther

Wenn der Laie etwas über Tauben hört, so denkt er zuerst an die Brieftaube. Diese ist verständlich, denn diese Taubenart ist zur Zeit am meisten ver-breitet. Sie sind unsere Rennpferdchen der Lüfte, die Hundert von Kilometern fremdes Gebiet überfliegen, um so rasch wie möglich in ihren geliebten Heimatschlag zurückzukeren. Als Gegensatz zu diesen Streckenflieger kennen wir auch die Hochflugtauben. Diese Tirchen sind wahre Flugkünstler, ihr Reich ist hoch im blauen Äther, ihr Flugspiel erfreuen das Herz des Züchters. Wer aber Geist und Wesen dieser seltsamen Vögel voll und ganz erleben will, der versuche, sich in stiller Betrachtung in die Schönheiten zu vertiefen und die Fülle dieser Eigenarten zu erfaswen.

Ein uralter Liebliengssport der Orientalen

Der Hochflug ein uralter Lieblingssport der Orientalen,hat in den letzten Jahren auch bei uns eine grosse Zahl Anhänger gefunden. A ber nicht alle Bekannten Hochflugrassen eignen sich für unsere klimatischen Verhält-nisse, denn die freie Luft, fern von unseren Bergen, ist nicht dieselbe wie bei uns. Als alter Hochflugsportler erlaube ich mir, einige flugtüchtige Tauben vorzustellen, aber nur solche die ich selber gezüchtet und gejagt habe

Der Wiener Hellstorch

Er ist die bekanteste Flugtaube aus dem grossen Herr der Tümmler. Er ist ein ausgezeichneter Flieger, der sich mit Leichtigkeit in höchste Höhen schwingt.Seine lebhafter Flug seine ständige kurzen Schwenkungen wirken bezaubernd, dies besonders,wenn sich der Stich im Flimmerhöhe befindet und das helle Gefieder von der Sonne beleuchtet wierd.

Der Wiener Dunkelstorch

Er ist ein rassiger, ja stürmischer Flieger. Mit kurzen Flügelschläge steiget er spiralenförmig in die Lüfte. Hat er volle Höhe erreicht, so zeigt er mit Schwung seine effektvolle Flugkünste. Wenn aber ein Bussard oder ein Milan seine Flugbahn kreuzen, so gerät er ausser Rand und Band. Kopflos jagt er dann durch den Aether, und es braucht eine geraume Zeit, bis er sich wieder beruhigt hat, um sich im geschlossenen Schwarm zu vereinigen. Er ist ein sehr nervöser und ängstlicher Geselle.

Der Englischer Flugtippler


Febo de Vries, bei seinen Flugtippler.

Dieser Hochflugtaube beginnt von Anfang an Kräftesparend ihren Flüg. Auch der Flugtippler erhebt sich imm Steigenden Rundflug der Sonne entgegen. In schwindelnder Höhe zeigt er ruhig über seiner vertrauten Hei-mat dahin. Seine Ausdauer im Flug ist verblüffend, ja unglaublich.Stösst aber ein Raubvogel unerwartet in den ahnungslos kreisenden Trupp, soist es oft um ein Tierchen geschehen. Abergebeb wir es offen zu : es gibt keine Taubenart, die vor dem Zugriff der Luftpiraten gefeilt ist. Wir wollwn aber zugeben, dass eine kleinere und wendigere Rasse mehr Aussichten hat, den Fängen eines Wanderfalken oder Sperberweibchen zu entkommen.

Der Stralsunder

Er istein sehr schneidiger und ansprechender Hochflieger. Seine schlanke, hochaufgerichtete Gestalt erweckt sofortden Eindruck eines guten Fliegers. Und in der Tat,kaum haben die Tirchenihren Schlag verlassen, so kann man sie bei gutem Flugwetter in flimmernder Höhe bewundern. Ein märchenhaftes Bild, diese entzückenden Vögel mit ihrem reinweissen Federkleid hoch im unendlichen Raume ! Der Stralsunder fliegt ausdauernd, wobei der Stich zusammengeschlossen bleibt.

Der Batschkaer

Eine bei unns wenig berannte Hochflugtaube, die ihre Heimat in Ungarn hat, ist der Batschkaer. Er ist aber die Taube für den Züchter mit starken Nerven. Voller Ungestüm jagt er durch die Lüfte,einem Phänomen gleich. Mit Vorliebe betätigt er sich als Soloflieger, um frei und ungehindert seine Flugkünste zu zeigen. Er ist einer jener Favoriten, der in der Regel mit Leichtigkeit dem Raubvogel entkommt, den seine Flugtechnik ist so meister, dass er sich in Zeiten der Gefahr in vollem Schwunghaft senkrecht in die Höhe wirft, um aber im nächsten Augenblick mit eingezogenen Schwingen wieder erdwärts zu schissen. Als Dauerflieger ist er von grossem Format, aber dirch seine rassige Akrobatik wird der Züchter voll und ganz entschädigt.

Der Memeler Soloflieger

Er ist ein Hochflugtümmler von grosser Ausdauer. Sein auserordentlich ruhiger Flug braucht wenig Kraft und wirkt Majestätisch. Der Memeler fliegt am liebsten in Trupps von sechs bis zehn Tieren. Es werden aber schon mit drei bis vier Tauben gute Leistungen erzielt. Gemeinsam steigen die Vögel hoch in die Kuppel des Himmels, um sich dann zu trennen. Diese Tauben gelten als Soloflieger. Für den Züchter bedeutet diese Flugart das reinste Vergnügen, wenn er bald hier, bald dort eine Taube im hellen Sonnenlicht aufblitzen sieht.

Der Bremer

Dieser Tümmler ist ein naher Verwandter des Memelers. Auch er ist ein Soloflieger. Seine àussere Erscheinung erweckt den Eindruck der Schwerfälligkeit, sein Körper ist langgestreckt. Gemächlich fliegt der Grosse Vogel in die Luft. Doch seine mächtigen Schwingen tragen ihn rudernd hinauf in die unsichtbare Höhen. Hat sich die Taube aus geflogen, dann kehrt sie in segeldem Fluge zur Erde zurück, um ihren Schlag schnell auf-zusuchen. Der Bremer Tümmler ist ein eigenartiger Hochflutaube.

Der Budapester

Zum Schluss möchte ich noch eine Taube erwähnen, die leider infolge Volierenzucht zum grössten Teil ihrem eigentlichen Zweck, dem Hochflug entfremdet wurde. Er ist dies der Budapester. Kann man sich etwas Schöneren etwas Anmutigeres vorstellen als dieses feingliedriger Tierchen, das wie weissem Marmor gemeisselt auf seinen Plätzchen steht. Dieser ungarische Tümmler hat ein äusserst lebhaftes Temparament und wer ihn im Vreienmit anderen Hochfliegern, z. B. dem Wiener, einem Flug beobachten konnte, der war erstaunt über die Flugtüchtigkeit die ser zierlichen Taube..

Ständige Übung und Dressur sind Voraussetzungen

Um aber Anfänger in dieser Sportart nicht zu enttäuschen muss ich immer wieder betonen dass Tauben mit besten Erbanlagen für einen glänzende Hoch - Dauerflug ihre Künste nur zeigen, wenn sie in ständiger Übung und Dressur bleibeen. Geschieht das nicht, so werden die Tauben sehr bald ihre Evolutionen einstellen. Wer aber genügend Liebe und Ausdauer aufbringt, den führt der Hochfliegsport in fesselnde Weisse in das Naturleben ein und öffnet ihm die Augen für die wunderbaren Geschehnisse in der Lüften. Er bietet ihm Abwechslung und Erholung, Freude und Zufriedenheit.

Walter Stettler CH Binningen www.flugtippler.ch                                      

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